Was tu ich mir da nur an?
Bevor ich Kinder bekam, wusste ich sehr genau, wie ich das alles genießen würde. Natürlich würde ich 6 Monate lang jede Nacht ohne Probleme aufstehen. Danach würde das Baby durchschlafen; jede Nacht.
Voller Freude und inniger Wärme beging ich das erste weihnachtliche Keksebacken mit einem 1-jährigen Stöpsel. Davon musste ich mich genau 365 Tage erholen.
Und nun bin ich in der elterlichen Vorhölle angekommen. Wo ich bin, möchtet ihr wissen? Nun, wo ich jetzt bin, ist nicht halb so schlimm, wie der Ort, an dem ich vorher war.
Es ist 18:04 Uhr und zur Zeit bin ich mit zwei zehnjährigen Kindern bei Mäckes. Aber ich nehme euch gern mit zu dem denkwürdigen Ort, zu dem wir heute um 13.45 Uhr aufbrachen.
Lasst uns eine kleine Zeitreise machen zurück auf die Uhrzeit 14:20 Uhr. Zu exakt diesem Zeitpunkt fahren wir 10 Minuten vor Einlassbeginn mit dem Auto schwungvoll vor die Einfahrt zum Parkplatz dieses supercoolen Spielparks.. Leider ist dieser durch eine Mega-Maxi-Baustelle gesperrt. Und zwar komplett. Unser Auto kommt abrupt zum Stehen und ein nicht allzu feiner Ausdruck entschlüpft meinen Lippen. Eine Burg im MIttelalter könnte nicht besser geschützt sein. Ausschachtung und Barrieren, Bagger und Rüttler auf der ganzen Breite. Nicht mal drübergucken kann man.
Nach intensivem Umrunden (immer rechts rum wie auf der Eisbahn) des in Frage kommenden Wohn- und Industriegebiets zum Parken, können wir unser Auto auf einem recht großen Seitenstreifen abstellen. HIer ist das Parken nicht nur erlaubt, sondern man hat auch keine Parkzeitbegrenzung . Jippieh! So schnell einen Alternativparkplatz erwischt! Die Kinder äußern Bedenken hinsichtlich der Laufweite, am Ende sei man schon zu k.o. zum Spielen, bevor es richtig losgehe. Doch nichts kann meine gute Laune trüben. Frohgemut wandere ich mit den beiden Spielkameraden vorwärts bis ich nach 200 m Fußweg die gefühlt 20 km lange Schlange vor dem Eingang des Spielparadieses sehe.
Mutig reihen wir uns ein hinter einer Kindergeburtstagsgesellschaft, die sich vor uns minütlich erweitert. Dieser und jener kommt wohl später, erfahre ich beim ungewollten Zuhören. Irritiert bemerke ich, wie sich vor mir dann aus der kleinen Gesellschaft innerhalb der Warteschlange ein größerer Knubbel bildet. Herzliche Willkommensgrüße an die nächsten ankommenden Gäste und Umarmungen werden ausgetauscht. Gemeinsam bläht sich die Gesellschaft weiter in der Schlange auf. Vor meinem inneren Auge entsteht das Bild der gleichnamigen tierischen Verwandten , die ein zu großes Kaninchen verschluckt und nun Schwierigkeiten hat, selbiges zu verdauen.
Doch der Anchorman an der Kasse ist voll gut drauf, sodass die Warteschlange dem Kollaps entgeht. Und schon sind wir dran.Geistesgegenwärtig, professionell und als gutes Beispiel für die anderen ziehe ich schon mal einen Schein aus der Tasche und krame nicht! nach Kleingeld. Hey ich weiß, wie man solche Krisensituationen deeskaliert und sich als wahrer Menschenfreund positioniert.
Drinnen empfängt uns eine linde Geräuschkulisse, die aber schon ahnen lässt, worauf es hinausläuft. Ich lasse die beiden Kinder einmal probekreischen und versuche am Ende der Halle ein ruhiges Plätzchen für mich zu finden.
Der Saal füllt sich. Die Wahl meines Tisches ist suboptimal, denn in dieser Ecke schlagen die tosenden Schallwellen über mir zusammen, bis mir der Ohrenschmalz quirlt.
In der Nähe ist das Klo. Ich habe die Wahl zwischen einer stinkenden aber ruhigen Kabine und dem Status Quo. Kurzentschlossen muss ich mal. Ich bin kurz davor, mit dem Rauchen anzufangen. Diverse Whats-Apps von gutmeinenden Freunden und Kollegen, denen ich meine Verzweiflung kund getan habe, halten mich davon ab. Als ich wiederkomme, hat sich die Szene verändert.
Ein „Affen-Geburtstag“ ist angekommen und der Oberaffe schickt schrille „uh uh uhs“ zu seinen Kumpanen, um sie auf den Kletterturm zu locken. Ich warte auf Tarzan, den Affenbändiger. Aber der steht bestimmt noch an der Kasse und hat den nächsten Warteschlangenkollaps ausgelöst.
Zu allem Überfluss kommen meine Kinder mit dem Hinweis, Kind 2 habe sich den Kopf gestoßen und zwar zweimal. Erst an der Stirn ganz doll, und dann in der Abwärtsbewegung noch einmal am Unterkiefer. Ich kann mir nur allzu gut vorstellen, wie es im Abgang einer Leiter zwischen zwei Sprossen hin und her geschlagen ist.
Unter dem Versprechen jetzt gleich zu Mäckes zu fahren – „und nein, Du fährst jetzt besser nicht mehr auf dem Karussell mit den schnell drehenden Tassen, in denen einem so schön schwindelig wird“ -schaffe ich den Absprung aus der Spielhölle.
Und nun sitze ich hier bei Mäckes mit zwei strahlenden und wirklich bis aufs Blut und in die letzte Zehenspitze glücklichen Kindern und lausche einem leicht angetrunkenen Engländer, der über seinem Burger ein kurzes glückliches Lied anstimmt. Die Kopfschmerzen von Kind 2 sind wie weggeblasen.
Ihr habt doch auch Kinder,oder? Das ist ein tolles Abenteuer!!!! Ganz bestimmt!!! Wenn man sich ganz fest vornimmt, die Dinge des Lebens nicht allzu ernst zu nehmen und sich starke Nerven und einen guten Gehörschutz anschafft. Ach ja ein Seminar „Autogenes Training schadet auch nicht.
Es war ein einzigartiger Nachmittag! Und nun auf nach Hause!!!
Geschrieben und erlitten (und dabei nur ein ganz bißchen übertrieben)
Tanja Fründ
3. Februar 2020 um 23:31
Hallo Tanja,
schön, dass Du wieder da bist.
Ich gestehe, dass ich Deinen Bericht mit einem kleinen Lächeln im Gesicht gelesen habe. Aber ich habe auch ein bisschen Mitleid mit Dir bekommen. Aber was tun wir Mütter nicht alles, damit unsere Kinder glücklich sind?! Und das ist Dir scheinbar gelungen.
Unser Sohn ist ja inzwischen schon 30 Jahre und zu seiner Kindheit gab es noch keinen Indoor- Spielplatz, aber Dein Bericht ist eine gute Vorbereitung für die Zukunft, wenn sich irgendwann die Enkelkinder einstellen.
Ganz herzliche Grüße
Astrid
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