Fründliche Scherereien

Berlin (1) – Regierungsviertel

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Angekommen in Berlin. Wohin zuerst? Wir gehen auf Nummer Sicher und fahren erstmal ins Regierungsviertel. Es ist Donnerstag nachmittag und die Stadt ist ruhig und entspannt.  Als wir das letzte Mal in Berlin waren,  da war die Wiese noch nicht eingezäunt, die Treppen zum Eingang des Reichstages noch frei zugänglich ebenso wie die Kuppel. Ja ja, lang ist es her (1999 und 2004) Verschiedene Limousinen parken in der Seitenstraße und hinter dem Parlamentsgebäude. Das Paul-Löbe-Haus erhebt sich als großer Klotz mit vielen Fenstern recht anonym für unseren Geschmack entlang der Spree.

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Wir fragen uns, mit welchen Dingen sich die Menschen, die über unser Wohl und Wehe im Staat entscheiden, beschäftigen. Irgendwie scheint uns das alles wie eine Welt, die mit unserem Leben gar nicht viel zu tun hat. Wir sehen die Abgeordneten nicht bei der Arbeit, wir hören nur das, was in Verlautbarungen, amtlichen Mitteilungen und in der Presse bekannt wird. So emotionslos und kühl wie die Bauten kommt auch die Politik bei den Menschen an. Da drinnen sitzen die einen, und wir, die anderen, laufen an gut gesicherten und überwachten Gebäuden entlang. Hier kommen also all die Gesetze und Verordnungen her, die ein ganzes System am Leben halten und beschäftigen.  Die Atmosphäre ist ruhig. Wir sitzen auf der kleinen Treppe an der Spree und könnten fast die Füße ins Wasser baumeln lassen. Vor uns die neue Architektur, im Rücken die Geschichte und das Grundgesetz am Plexiglaszaun.

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Zum ersten Mal nehme ich wahr, wie auslegungsfähig unser Grundgesetz eigentlich ist. Vieles kann durch Gesetze beschränkt werden. Wie alles andere unterliegt auch das Grundgesetz gewissen Auslegungskriterien, die sich an der gesellschaftlichen Entwicklung orientieren. Stülpe aktuelle Ereignisse darüber, würze es mit ganz viel Angst vor Terror und schon sind Dinge wie Vorratsdatenspeicherung vielleicht (hoffentlich nicht) auch vereinbar mit dem Grundgesetz.

Die Hitze auf den breiten Flächen vor dem Reichstag und dem Kanzleramt haut uns fast um. Sie ist kaum auszuhalten und gibt dem Wort „Politikverdrossenheit“ eine buchstäblich neue Note, denn wir verlassen das Regierungsviertel und wandern an Botschaften vorbei wieder Richtung Brandenburger Tor und Unter den Linden. Das Sandmännchen grüßt uns mit seinen Freunden fröhlich.

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Ein Abstecher in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett macht uns mit den Abbildern politischer und sonstiger prominenter Großen und Kleinen bekannt. Manche sehen dermaßen echt aus, dass einem ein leichter Schauer über den Rücken läuft. Bei „Wowi“ habe ich Angst, dass er mich gleich wirklich an sein großes Herz ziehen will. Vorsichtshalber mache ich einen größeren Bogen um ihn. Vielleicht breitet er aber auch die Arme nur so weit aus, um sie gleich sofort über dem Kopf zusammenschlagen angesichts der Berliner Schulden.

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Apropos Schulden: Unsere Schuldenuhr tickt und tickt und läuft und läuft. Wir waren live dabei. 😉 Schmunzelnd überlege ich ein Sparschwein zu kaufen und um eine milde Gabe zu bitten. Oder gleich einen Einwurfschlitz anzubringen wie beim Parkautomaten. Ob die Uhr dann wohl rückwärts zählt?

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Wir besuchen noch das Holocaust Mahnmal (über das ich in meinem nächsten Post gesondert berichten werde) und winken nochmal dem Reichstag zu. Die Abendsonne taucht das Gebäude in ein brennendes Orange ein, bringt richtig Farbe ins „politische“ Leben. Für heute haben wir unseren Füßen genug zugemutet. 😉 Wir machen uns auf in unser  Hotel.

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4 Kommentare zu “Berlin (1) – Regierungsviertel

  1. Wir waren vor genau 10 Jahren das letzte Mal in Berlin! Ihr hattet ja absolutes Top-Wetter! Soooo blau sieht man den Himmel selten. Ja, die Schuldenuhr. Ich muss sagen, sie zu betrachten macht ein mulmiges Gefühl, zumal ich überhaupt kein Freund von Schulden bin. Der frühere östliche Stadtteil hat uns am besten gefallen! Ein schönes Wochenende! Martina

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    • Liebe Martina, der östliche Stadtteil ist auch der, der am ursprünglichsten geblieben ist und auch so wieder saniert wurde. Dagegen verlieren die westlichen Stadtteile (leider) ein wenig. Wir waren auch viel dort unterwegs: Alexanderplatz, Hackesche Höfe…Uns liegt des 70er Jahre Flair des Kudamms nicht ganz so sehr. LG Tanja

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  2. Hallo Tanja,
    diese Tour durch Berlin haben wir inzwischen schon mehrmals gemacht. Letztes Jahr zum 85. Geburtstag meiner Mutter haben wir mit ihr die Schiffsfahrt gemacht und das Jahr zuvor haben wir sie ins Wachsfigurenkabinett entführt. Dort hat sie sich bei Einstein eingehakt und bei Jauch auf den Stuhl gesetzt. Nur mit den Millionen war es leider nichts 😉 auch war er sehr schweigsam 🙂
    Ansonsten sind wir, bedingt durch unsere Nähe, mehrmals im Jahr in Berlin und fallen jedesmal total müde ins Bett.
    LG
    Astrid

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    • Liebe Astrid,
      da habt Ihr es ja gut. Wir sind zwar auch nicht allzu weit entfertn, aber ohne Übernachtung lohnt es sich eigentlich überhaupt nicht. Man muss sich als Landei auch erstmal an die Stadt gewöhnen, aber schon am nächsten Tag schwimmt man wie alle anderen in die S-Bahn und mit dem Strom der Menschen mit und genießt es einfach nur. LG Tanja

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